Fast so wichtig wie das Schreiben, ist das Zuhören. Ich verbringe viel Zeit damit, mir eine Liste von Musiktiteln zusammenzustellen und diese wieder und wieder anzuhören. Manche Musikstücke helfen mir, die Perspektiven von den Protagonisten zu erspüren. Manche helfen mir mit dem Rythmus oder den Übergängen. Das Schöne daran ist auch, dass ich mich auch dann mit dem Stück beschäftigen kann, wenn es meine Zeit eigentlich nicht erlaubt. Die Musik nimmt mich nicht kognitiv in Anspruch, sondern unterfüttert die Emotionen.
Helene Und dann kannst du plötzlich nicht mehr
anders. Als ob alles Verständnis auf einmal
aufgebraucht wäre. Du weisst selbst nicht,
wie das sein kann. Wo ist deine Würde
geblieben? Du siehst, dass all das, was du
hingenommen hast, weil du dachtest, dass es
schon werden wird, dass man Geduld
braucht, dass es einen Sinn hat, das
auszuhalten, dass das eine einzige Lüge war.
Mehr noch. Dass die Luft zu knapp zum
Atmen wird für zwei Menschen, die jeweils
die Lufthoheit über den Raum beanspruchen,
der einmal gemeinsam war. Der Misthaufen,
der Sammlung oder Kunst oder Teil einer
Installation genannt wurde, wird wieder zum
Misthaufen. (...) Es kratzt dich im Hals. Du
räusperst dich. Und dann passiert, womit du
nicht gerechnet hast. Der andere schnappt
nach dir. Wegen einem Räuspern. Mit Worten
schnappt er nach dir. Du darfst dich nicht
einmal Räuspern. Du willst beschwichtigen, zu
lächerlich ist die Sachlage, aber deine Worte
kommen lauter aus deinem Mund, als du es
willst. Der andere schreit. Du schreist. Weil du
nicht gehört wirst, weil es doch, verdammt
noch mal, nicht um dem Misthaufen geht,
sondern darum, dass du hier einfach
unterlegen bist, dass du nicht ausreden
kannst, dass du nicht die richtigen Worte
findest, ja, die Worte, die du mühselig
zusammengeklaubt hast, werden vom anderen
in der Luft zerfetzt und es prasseln auf dich
Wortsalven und du kommst gegen das
Trommelfeuer der fremden Logik nicht an und
findest in den eigenen Worten keine Deckung.
Und dann schmeißt du etwas auf den Boden.
Ein Zeichen nur, dein Widerstand, um nicht
überrannt zu werden. Aber die Wortsalven
werden heftiger. Du greifst den nächsten
Gegenstand und schleuderst sie dem anderen
an den Kopf. Knapp neben den Kopf. Du
erwartest Ruhe, damit du dich endlich erklären
kannst, aber stattdessen ist der andere zum
Nahkampf übergegangen. Sein Mittel der Wahl
ist ein Bajonett mit scharfer Lanze oben dran
und damit rückt er dir auf den Leib. Du siehst
die Klinge vor deinem Gesicht und rastest aus.
Du wühlst dich durch alles, was du finden
kannst, suchst Deckung, suchst Halt, Trost in
dieser Unmöglichkeit, in der du doch
eigentlich gar nicht sein kannst, aber der
andere kennt dich zu gut, er hat deine Fährte
gewittert, folgt dir auf dem Fuss, jeder Winkel
ist nur ein Hinterhalt und du, du, du kannst
nicht anders, du haust ihm das Bajonett aus der
Hand und da kommst du zur Besinnung, weil
deine Haut auf seine Haut trifft, aber da ist es
zu spät. Du schwörst, dass es dir leid tut, dass
du das nicht wolltest, aber du hast den
Höllenhund im anderen geweckt und er springt
dir entgegen und du hältst dir den eigenen
Kopf, damit er in dieser Schlacht nicht davon
getragen wird.