Die verflixte Zahl 3

(...)
Nicolas		Was zählst du gerade?
Helene		Tu ich das?
Nicolas		Gib es doch zu.
Helene		Nein. Ich glaube nicht, dass ich zähle.
Nicolas		Es macht mich wahnsinnig, wenn du zählst.
Helene		Aber wenn ich es gar nicht tue?
Nicolas		Dann ist es ja gut!
Stille.
Helene		Ich bin müde.
Nicolas		Dann leg dich hin.
Helene		Kannst du...
Nicolas		Ich muss nachdenken.
Helene		Gute Nacht.
Helene zieht eine Matratze aus dem Haufen mit Matratzen und legt sie obendrauf über das leere Geschirr des Tages. Helene legt sich drauf.
Helene		Mach nicht zu lange.
Nicolas		Nein, ich komme bald.
Helene		Gute Nacht.

II. Unsere Albträume wachen über uns.
Das Licht geht aus, ausser bei Nicolas, der bei einer Schreibtischlampe sitzt. Die Chormitglieder machen einzeln Glühlampen an.
Chor:		Wir sehen das Licht. Es brennt die ganze      
                         Nacht. Durchs Fenster sehen wir dich. Wir        
                         wünschten, du hieltest Wacht gegen die 
                         Geisterstimmen der Nacht. Aber du scheinst 
                         taub. Du brütest vor dich hin. Was quält 
                         dich?
Chorführerin:    Wir wissen es doch.
Chor:		Aus Nähe wird Enge, Beklemmung, die Luft 
                        wird dünn. Zu oft haben wir das schon 
                        gesehen. Schau auf, wir sind hier, wir helfen 
                        dir! 
Chorführerin:    Zu spät.
Chor:		Verrennt sich, verfängt sich im Spinnennetz 
                        seiner Gedanken, laicht sich ein, wie leicht es 
                        wäre, sich zu befreien, wenn er mit anderen, 
                        mit uns – nur ein Gespräch, Nachbar! Nein, er 
                        leckt seine Wunden, zählt seine Stunden, 
                        fragt sich, wann diese Art Leben eigentlich 
                        begann.
(...)
III. Solange man noch weg kann
Helene richtet sich auf der Matratze auf.
Helene		Hast du wirklich Regenwürmer gegessen?
Nicolas		Noch nicht.
Helene		Da bin ich froh.
Nicolas		Ich kann nicht mehr klar denken.
Helene		Warme Gedanken wären fein.
Im Sprichwort sagt man "Aller guten Dinge sind drei". Im Theater gilt diese Regel, um etwas zu etablieren. Wenn etwas einmal geschieht, dann gibt es keine Erwartungen. Wenn aber etwas zwei Mal geschieht, wartet das Publikum darauf, dass es noch ein drittes Mal geschieht. Bei zwei darf ich also nicht stehen bleiben.
An dem Text neben dran legt sich Helene zum ersten Mal schlafen. Ich würde sie gerne nochmals schlafen lassen (später), weil mir der Morgen als Anlauf für einen neuen Verständigungsversuch so gut gefällt. Allerdings kämpfe ich mit dem Gesetz der drei. Wenn ich Helene nochmal schlafen schicke, muss ich sie auch ein drittes Mal schlafen schicken, sonst wackelt die Architektur. Wenn ich sie aber dreimal schlafen schicke, kommt mir das vor, als ob ich eine Ehrenrunde einlege. Wahrscheinlich wird die Gute nur einmal schlafen dürfen.